The speaker speaks online.
Abstract:
Digitale Lese- und Schreibgemeinschaften wie Fanfiktion.de produzieren Textkorpora, die too big to read sind und klassische hermeneutische Verfahren vor Herausforderungen stellen. Besonders die Frage der Textauswahl inmitten der Vielzahl von Auseinandersetzungen mit dem Prätext erweist sich als schwierig. Der Vortrag präsentiert ein dreistufiges Verfahren, das dieses Problem mit Methoden der Netzwerkanalyse adressiert: (1) Aufbau von Beziehungsnetzwerken aus Community-Interaktionen und Segmentierung durch Modularity-Algorithmen; (2) Exploration cluster-spezifischer Korpora über Figuren-Netzwerke zur Formulierung interpretativer Hypothesen; (3) gezielte Close Readings zur Überprüfung und Präzisierung dieser Hypothesen.Am Beispiel deutschsprachiger Harry-Potter-Fanfiction nach der Pandemie zeigt sich, dass sich auf der Plattform nicht nur Vorlieben für bestimmte Figuren oder Pairings herausbilden, sondern auch gemeinschaftlich geteilte Lesepraktiken und narrative Konventionen. Der Ansatz macht sichtbar, wie sich interpretative Gemeinschaften in großem Maßstab formen, und bietet ein übertragbares Modell, um kulturelle Dynamiken in umfangreichen Online-Archiven zu untersuchen.
Short bio:
Anastasia Glawion is a junior professor of digital literature and methods at FAU Erlangen-Nuremberg. Her research focuses on bottom-up cultural processes in the digital world—from the emergence of memory narratives in online forums about World War II to amateur and fan cultures. She is principal investigator in the research training group “Literature and the Public Sphere in Differentiated Contemporary Cultures” (DFG GRK 2806). Her current projects include network analyses of German-language fan fiction communities, a diachronic study of speech act verbs in the Grimm brothers' children's and household tales, and an experimental project on emotional responses to online literature.
